Danke UEFA!

Es wurde im Vorfeld der Fußball-EM so einiges über die UEFA geschimpft. Da war von Erpressung bis Wahnsinn alles dabei. Die Forderung der UEFA, dass bei den Spielen des Turniers Zuschauer in die Stadien müssen war hochgradig umstritten. Auch ich war im ersten Moment etwas irritiert als ich davon gehört hatte. Aber das lag daran, dass ich durch das Vorsichts-Mantra einfach auch bereits konditioniert bin. Aber im Prinzip können wir der UEFA unterm Strich dankbar sein.

 

Es war klar, dass nach der Forderung der UEFA, die Spiele sollen vor Publikum stattfinden, reflexartig die bekannten Gesichter vor die Mikros treten würden, um das Vorhaben des europäischen Fußballverbandes als totalen Wahnsinn zu bezeichnen. Nach wenigen Stunden war der Tenor, dass die Vereine sich unter keinen Umständen von der UEFA erpressen lassen sollten. Gerade die deutschen Ausrichter waren massiv im Kreuzfeuer und wurden durch die Medien massiv bombardiert. Für kurze Zeit sah es tatsächlich so aus als käme es zwischen den Akteuren zum Showdown und es hätte gut sein können, dass in Deutschland keine Spiele stattgefunden hätten, wäre man hier bei der Linie des ängstlichen "Team Vorsicht" geblieben.

 

Nachdem ich das erste Spiel gesehen hatte, wusste ich, die UEFA hat erst einmal richtig entschieden. Bei aller Vorsicht ist dies in jedem Fall ein wichtiges Lebenszeichen der Menschheit. Im Angesicht der Pandemie mag Fußball dem einen oder anderen Wissenschaftler profan und unwichtig erscheinen, aber die Tatsache, dass dies der weltweit verbreitetste Sport ist, bringt uns das auch alle wieder ein Stück weit zusammen. Ich bin wahrlich kein Fußballfan, aber mal wieder ein Fußballspiel zu sehen und den Publikumsjubel im Stadion zu hören macht erst so richtig deutlich, dass wir zum "Schutze der Menschheit" scheintot waren. Wir haben jegliches Vergnügen der Pandemie unterworfen und haben im Prinzip alles aufgegeben was uns als Menschheit ausmacht. Natürlich war dies zu Beginn der Pandemie auch richtig, aber trotz fortschreitender Impfkampagne wirkt der Medusengesang von Lauterbach & Co. immernoch lähmend und erstickt jegliches soziales Leben im Keim. Wir haben in den letzten 1,5 Jahren das gelebt, was wir uns vorher nie hätten träumen lassen: die Gegenveranstaltung zu unserer liberalen und sozialen Gesellschaft!

 

Unsere westlichen Gesellschaften leben von sozialen Kontakten. Alle Aspekte unseres Lebens werden schöner oder erträglicher, wenn wir es in der Gemeinschaft erleben, oder durchstehen. Da ist es egal ob wir vom Sport, von Musik, einer Hochzeit, einer Geburtstagsfeier oder einer Beerdigung sprechen. Wer hätte sich denn vorher träumen lassen, dass wir uns in unserer Trauer gegenseitig alleine lassen würden und dies nicht nur staatlich vorgegeben, sondern auch gesellschaftlich akzeptiert würde. Wir haben uns, in dem wir "Menschlichkeit" zeigen und Menschenleben schützen wollten, regelrecht entmenschlicht. Wir haben Angehörige in Krankenhäuser gebracht und einige davon im wahrsten Sinne des Wortes nie wieder gesehen. Wir haben sie der Möglichkeit beraubt im Kreise ihrer Lieben aus dem Leben zu gehen. Andere mussten ihre gesundheitlichen Kämpfe alleine ohne Beistand ihrer Familien ausfechten, und so mancher hat diesen Kampf vielleicht auch deswegen verloren, weil er sich verlassen gefühlt hat. Ein Lächeln auf der Straße gibt es auf einen Schlag nicht mehr, denn das verstecken wir jetzt hinter der Maske. Ein so unsäglicher Begriff wie "Social Distancing" wäre vor der Pandemie undenkbar gewesen und hätte jedem von uns einen Schauer über den Rücken laufen lassen. Das medizinisch-politische Mantra wirkt aber immernoch so stark nach, dass viele den Ausgang aus dem Ausnahmezustand nicht mehr finden. Dabei ist es so, dass bei so manchem Pandemiologen das Geschehen schon so lange anhält, dass manche essenzielle Erinnerung an die Zeit vorher bereits stark verblasst ist. Somit ist alles was wir an Lebenserfahrung und Einschätzung bezüglich der Möglichkeiten und Risiken des Lebens haben, aus dem kollektiven Bewusstsein verschwunden. Die aktuelle Risikobewertung wird aber mit den über Jahrhunderte sozialisierten Erwartungen an ein lebenswertes Leben nicht vereinbar sein, weil sie dazu im krassen Gegensatz steht. Der Spruch "No Risk no Fun" mag zwar für manchen Linientreuen zynisch klingen, aber war mit unterschiedlichem Wortlaut immer unser Leitspruch. Man kann natürlich unsere Gesellschaft, wie sie vor Corona war, verteufeln und alles schlechtreden und deshalb einen Aufbruch oder einen Paradigmenwechsel einfordern. Aber alle die dies tun, sollten sich klarmachen, dass auch sie ein Produkt dieser "unsäglichen" Gesellschaft sind. Auch sie sind was sie sind, weil sie Teil dieser Gesellschaft waren, und vor allem sein durften! Die Grundrechte waren es schließlich, die sie zu denkenden, fühlenden und aufbegehrenden Individuen gemacht haben. Genau diese Grundrechte sind also etwas Gutes und nicht etwas Schlechtes und da reicht es auch nicht aus, zu wissen, dass wir diese Grundrechte in der Theorie in unserer Verfassung stehen hätten. Sie bringen uns nur etwas, wenn sie auch zur Anwendung kommen. Unsere Welt ist somit nicht etwas das wir ablehnen, sondern erhalten und verbessern sollten.

 

Auch wenn das vielleicht für viele primitiv und populistisch klingen mag, hat uns die UEFA eine Tür zu unserem vorigen, aber auch neuen Leben geöffnet. Um es weniger "(pseudo)philosophisch" auszudrücken: die UEFA hat uns einen Feldversuch aufgezwungen, der uns, ob "Team Vorsicht" das will oder nicht, verwertbare Ergebnisse liefern wird. Immerhin wurden die Stadien nicht einfach mit Menschen vollgestopft. Man hatte die Zuschauerzahlen deutlich reduziert und Hygienekonzepte angewendet, die es auch zu testen galt. Es nützt doch niemandem, wenn unsere Pandemiologen bei jeder Gelegenheit Hygienekonzepte und ein Aktualisieren der Pandemiepläne einfordern, und dann aber im Nachgang der Mumm fehlt diese Konzepte in der Praxis zu testen. Erstens, wie soll das zu belastbaren Zahlen und Statistiken führen, auf Basis derer Experten dann Risiken abwägen können? Zweitens, warum sollten wir diese ungetesteten Konzepte in die neuen Pandemiepläne aufnehmen und darauf vertrauen, dass sie im erneuten Pandemiefall dann funktionieren? Im schlimmsten Fall stünden wir damit wieder genauso unvorbereitet da, wie bei der jetzigen Pandemie mit den Plänen aus den 70ern. Dieser Test ist also elementar wichtig und eigentlich unumgänglich!

Wir Bürger haben jetzt 16 Monate auf die Bedenken der Pandemiologen gehört und uns alles zu Herzen genommen. Aber, wenn diese EM ohne größeres Infektionsgeschehen abläuft, müssen Pandemiologen wie Karl Lauterbach dann auch einsehen, dass bedingungslose Vorsicht nicht immer angemessenes Verhalten ist. Ein "..aber trotzdem!" kann man dann einfach nicht mehr gelten lassen. Das müssen dann auch alle Pandemiologen und Virologen verstehen und aushalten. Wenn dieses Konzept zeigt, dass die Ansteckungen in vertretbarem Rahmen bleiben, muss dieser Mut unverzüglich auch auf Konzerte, Festivals und die komplette Gesellschaft angewendet werden. Unverzüglich.

 

Natürlich hat unser Staat eine klare Schutzpflicht. Dieser Verpflichtung kommt unser Staat aktuell auch gewissenhaft nach. In kürzester Zeit wurden Impfhersteller gefördert und Impfstoffe entwickelt die jetzt auch an die Bevölkerung ausgegeben werden können. Diese Schutzpflicht ist aber weder grenzenlos noch ist sie individuell auszugestalten. Mit den Impfstoffen stellt uns der Staat eine effektive und sogar kostenlose Möglichkeit zur Verfügung uns maximal zu schützen. Der Staat ist aber nicht verpflichtet, für jeden noch so individuellen Zweifler eine genauso individuelle Schutzmaßnahme bereitzustellen. Das ist schließliche eine Notsituation und kein Wunschkonzert. Wer Schutz möchte, der kann sich in einem gewissen zeitlichen Rahmen seine Impfung abholen. Menschen über 60, oder mit Vorerkrankung, waren aufgrund der Impfpriorisierung in der Position sich die Impfung bis zum jetzigen Zeitpunkt zu holen. Wer dies bewusst ablehnt, der fällt nach meiner Meinung aus der Schutzpflicht des Staates heraus. Wer die Möglichkeit hat sich impfen zu lassen und dies bewusst nicht annimmt, ist ab hier auf sich alleine gestellt. Auch hier greifen die elementaren Parameter der Demokratie, dass es stets nach der Mehrheit gehen muss. Wenn die Mehrheit sich freiwillig impfen lässt, dann muss zu deren Gunsten die Risikobereitschaft einer Gesellschaft wieder größer werden. Wer sich hingegen weigert sich mit der Impfung schützen zu lassen, muss dann auch das persönliche Risiko voll tragen – auch wenn das für den einzelnen Verweigerer tödlich endet. Egal ob es dem Verständnis von Menschlichkeit eines Karl Lauterbach, Christian Drosten oder Markus Söder entspricht oder nicht, so wiegt deren Einschätzung und Weltanschuung nicht schwerer als die der Mehrheit. Auch für diese Menschen gelten die Rahmenbedingung der Demokratie!

 

Zurück bei dem Thema Fußball-EM bin ich in der Tat dankbar für das Risiko das die UEFA und die Veranstalter für uns eingehen. Ich genieße wie viele andere das Gefühl von Normalität und muss nicht nur in der Erinnerung unseres "alten Lebens" verbringen. Wir waren brave Bürger die zu jeder Zeit alle Maßnahmen mitgetragen haben. Wir haben es uns verdient, dass "Team Vorsicht" endlich wieder Mut beweist und uns unser Leben wieder zurückgibt. Das haben wir uns verdient. Und deshalb werde ich jedes diese Fußballspiele ohne schlechtem Gewissen oder Schuldgefühle genießen!!

 

Danke, UEFA!

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