Das Lübcke-Urteil: Ein Signal.

Es gab eigentlich keine Epoche in der das Volk stets einer Meinung mit der Politik war. Morde an Politikern und Funktionären gab es bis in die heutige Zeit immer wieder und sind keine neuzeitliche Erscheinung. Julius Casear, Franz Ferdinand von Österreich-Este, John F. Kennedy, Itzhak Rabin oder Hanns Martin Schleyer; alle wurden Opfer ihrer Gegner.

 

In den letzten beiden Jahrzehnten wurde es diesbezüglich etwas ruhiger und man war sich irgendwie sicher, dass politisch motivierte Morde der Vergangenheit angehören würden. Leider hat der Lübcke-Mord schmerzhaft gezeigt, dass es auch in unserer Zeit Menschen gibt die ihre Vorstellungen von unserer Welt mit allen möglichen Maßnahmen versuchen durchzusetzen. Dabei schrecken sie nicht einmal vor Mord zurück. Das Entsetzen war groß als am 2. Juni 2019 die Nachricht verkündet wurde, dass Walter Lübcke in seinem eigenen Garten mit einem Kopfschuss hingerichtet wurde. Die Menscheit war also doch noch nicht an dem Punkt angekommen, wo sie in der Lage war jegliche Differenzen in Diskussionen beizulegen. Für manche unserer Zeitgenossen scheint es legitim zu sein zu extremeren Maßnahmen zu greifen, wenn sie der Meinung sind, sich mit Worten nicht genügend Nachdruck verleihen zu können.

 

Wie bereits im vorigen Beitrag erwähnt, lässt es unsere Gesellschft viel zu oft an Respekt gegenüber unseren Volksvertretern vermissen. Zwar sind wir in Deutschland keine 81 Millionen Attentäter, aber in unserer Rhetorik sind wir oftmals auch ziemlich brachial ohne es wahrhaben zu wollen. Auch ich fand die Äußerungen Lübckes nicht unproblematisch. Aber in einem Land in dem sich Querdenker immer wieder selbst versichern, dass sie aufgrund der Redefreiheit sagen dürfen was sie denken, hatte auch Walter Lübcke das Recht das zu äußern was ihn antrieb. Und eine gesunde Gesellschaft muss eine andere Meinung einfach aushalten. Wir müssen streitbar sein, und es wäre jedem Zuschauer bei jener berühmten Verstanstaltung zugestanden aufzustehen und seine Stimme zu erheben und mit Herrn Lübcke offen zu diskutieren. Anstattdessen wurde von einigen ein wesentlich niedrigeres Niveau vorgezogen und einfach gebuht. Vermutlich war man nicht in der Lage so reflektiert zu argumentieren wie Walter Lübcke und sah sich hier selbst im Nachteil. Somit verstehe ich das Buhen eher als offene Resignation.

 

Resignation ist allerdings keine Entschuldigung für eine grausame Tat wie die des 2. Juni. Das was Walter Lübcke antrieb waren immerhin keine niederen Beweggründe sondern höhere Ideale. Und egal ob ich seine Aussagen für falsch hielt oder nicht, er hat es aus seiner Sicht nicht getan um die Welt ins Verderben zu stürzen sondern um sie besser zu machen. Und dafür hat er gekämpft. Das verdient Respekt und keine Verachtung. Aber es zeigt auch speziell im Falle des Attentäters wie leicht auch normale Bürger von Ideologien verführt werden können. Egal ob Weltanschauungen aus einem vorigen Deutschland oder aktuelle Verschwörungserzählungen aus den USA; dahinter stehen enorme Kräfte die sich in einfachen Bürgern entladen können. In einer Zeit in der es selbst Politkern nicht zu weit geht, Kontrahenten Blumen vor die Füße oder Torten ins Gesicht zu werfen, verlieren wir gesamtgesellschaftlich das Gefühl dafür wo die Hemmschwelle sein muss. Deshalb war hier ein mehr als deutliches Zeichen notwendig, dass man nicht einfach mal so einen Politiker töten und sich in der "Szene" zum Märtyrer aufspielen kann. Hier muss allen klar werden, dass die Konsequenzen genauso unerbittlich sein müssen, wie die Tat selbst.

 

Ob die verhängte Strafe ausreichend ist bin ich mir nicht sicher. In meinen Augen dürfte an den Umständen dieser Tat eigentlich nichts strafmildernd sein. Der Mörder hatte nicht aus einem Streitgespräch heraus die Nerven verloren und dann im Affekt die Tat begangen. Der Mord an Walter Lübcke war eine gnadenlose Exekution. Da ich aber kein Jurist bin, kann ich die rechtlichen Einzelheiten nicht vollständig beurteilen. Ich würde es mir zu leicht machen, würde ich sagen, das Strafmaß wäre zu gering. Was ich aber sagen kann ist, dass hier ein deutliches Zeichen gesendet wurde in dem die Höchststrafe, ohne Aussicht auf vorzeitige Entlassung, verhängt wurde. Die Gesellschaft musste sehen wie hart diese Tat geahndet werden musste und das ist geschehen. Menschen die sich in der gleichen Situation befinden wie der Verurteilte müssen unbedingt erkennen, dass sie diesen Weg keinesfalls beschreiten sollten.

 

Eine kurze Anmerkung für unsere lieben Medien: ich persönlich fände es angemessen, die Namen von solchen Attentätern, religiös motivierten Terroristen die Flugzeuge in Wolkenkratzer fliegen oder Busse über Weihnachtsmärkte steuern um Menschen zu töten, nicht ständig zu nennen. Denn das ist es doch was sie möchten. Sie wollen, dass ihr Name auf ewig mit dieser Tat verbunden bleibt und sie so unsterblich werden. Diesen Gefallen sollten wir ihnen nicht tun. Deswegen wird man hier auch keinen dieser Namen wiederfinden. Der Name Walter Lübcke wird für lange Zeit im Gedächtnis bleiben, der Attentäter hingegen wird hinter Gittern dem kollektiven Vergessen überlassen werden...

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