Sie ist alles nur keine Mutter...

Mutter Natur hier, Mutter Natur da. Der Mensch tendiert immer dazu sich Dinge, die er versucht zu verstehen, so hinzureden, dass sie für ihn Sinn machen. Das tut er immer in dem er aus seinen Erfahrungen und Erlebnissen schöpft – So auch bei der Natur. Aber das ist eine verklärte Sichtweise auf die Natur – mit fatalen Auswirkungen.

 

Ich denke, dass wir in vielen Dingen weit davon entfernt sind verstanden zu haben was um uns herum vor sich geht. So auch bei der Natur. Zwar gibt es viele Dinge die mit ihrer Komplexität eine gewisse Faszination auf uns ausüben, aber gerade dies übersteigt oftmals unsere intellektuellen Fähigkeiten. Dann muss meist doch wieder ein einfältigeres Konzept herangezogen werden das wir begreifen können. Das geht dann ungefähr so: In der Natur wachsen Dinge die uns ernähren und mit denen wir uns versorgen können. Also ist die Natur gut zu uns. Damit wir dabei auch gleich ein kuschliges Gefühl bekommen, nennen wir sie einfach Mutter. Fertig. Das ist aber ungefähr so verblendet wie Angst vor einem Bären zu haben und sich dann einfach bei ihm anzukuscheln, in der Hoffnung dass er irgendwie unsere Zuneigung erwidert und uns deshalb nichts tut. In unserer überromantisierten Sichtweise, die Natur wäre eine "Mutter", unterstellen wir ihr automatisch sie hätte sowohl ein Gewissen als auch Emotionen uns gegenüber. Wir erwarten dann, dass die Natur uns wohlgesonnen wäre, denn sie ist ja eine Mutter. Dabei genügt ein Blick in unsere Welt um zu erkennen wie gleichgültig wir der Natur sind. Dafür gibt es nicht nur dramatische Beispiele wie Naturkatastrophen oder an Krebs sterbende Kinder. Das merken wir auch wenn unsere Hände beim Schneeschippen, trotz Handschuhen, nach 15 Minuten fast erfroren sind. Es juckt die Natur einfach nicht, dass mir im Dezember bei Regen und Wind jeder Tropfen im Gesicht wehtut wenn ich bei schlechtem Wetter zu Fuß unterwegs bin. Es ist der Natur auch egal ob ich im Herbst mit den Rad auf nassem Laub ausrutsche und mich verletze. Wenn sie sich für mich interessieren würde, bräuchte ich keine Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 50 um mich vor ihren Sonnenstrahlen zu schützen. Sie würde weder giftige Pilze in den Wald stellen noch gäbe es Parasiten, und es gäbe auch keine Viren und Pandemien. In Wahrheit ist die Erde nichts weiter als ein emotionsloser und stupider Steinklumpen ohne eigene Agenda. Das, was wir als Umwelt bezeichnen hat nicht ansatzweise soviel Einfluss auf die Erde und ihren glühenden Kern, wie der Edelschimmel auf dem Camembert. Sie ist im besten Falle die Patina auf der alleräußersten Oberfläche, die substantiell zu dem, was diesen Felsblock betrifft, nichts beiträgt. Der Beleg dafür ist, dass sich in unserem Sonnensystem sieben weitere Planenten ohne solch eine Natur mit gleicher Gewissenhaftigkeit seit Jahr Millionen in geregelten Bahnen bewegen und dies auch weiterhin tun werden – selbst wenn wir unseren gesamten Lebensraum bereits in Schutt und Asche gelegt haben.

 

Problematisch wird es wenn wir in Richtung Umweltschutz denken und versuchen "Mutter Natur" zu retten. Wenn Umweltschützer es uns so erklären, dass wir es der Natur schuldig wären weil sie doch mit allem für uns sorgt ist das leider der völlig falsche Ansatz, weil wir tief in uns wissen, dass sie für uns eben nichts tut. Deshalb ist sie uns eigentlich scheissegal. Und da der Mensch ein Egoist ist, kann er sich nicht dazu aufraffen einer Natur zu helfen, von der er täglich spürt, dass sie ihn regelmäßig ins offene Messer laufen lässt. Der Mensch müsste eher verstehen, dass er es ist, der seine Umwelt kultiviert um sie überhaupt ertragen zu können. Immerhin musste der Mensch ja z. B. nur aus dem Grund Häuser bauen um sich vor der Natur, seiner „Mutter“, zu schützen. Er musste Medizin entwickeln um ihr Handeln umzukehren. Nein, für dieses Miststück machen wir keinen Finger krumm!

 

Dennoch ist der Schutz der Umwelt wichtig. Ich tue es aber nicht für sie, denn eigentlich ist sie so fies zu uns, dass sie eine Abreibung verdient hätte. Aber ich koexistiere nun mal in ihr und so bin ich, trotz meiner gelegentlichen Verachtung für sie, auf sie angewiesen. Ich muss sie nicht um ihretwillen erhalten sondern um selbst weiterexistieren zu konnen. Und DAS ist eigentlich die wichtigste Erkenntnis. Wir sollten erkennen, dass wir nicht die Natur retten sondern uns selbst. Also lasst uns endlich aufhören um den heissen Brei zu reden und aufhören mit diesem pseudo-romantischen Mist. Erkennen wir die Realität. Die Natur braucht uns nicht. Die Erde braucht nicht mal die Natur. Was interessiert es einen Steinklumpen ob auf ihm Bäume wachsen oder darum eine Atmosphäre ist? Wir müssen erkennen, dass weder die Erde noch die Natur selbst sich brauchen. Die einzigen mit einem Bewusstsein sind wir. Und wir erkennen das wir sie brauchen. Und genau so drastisch müssen wir das auch formulieren. Wir sind das schwächste Glied, nicht die Natur. In dem Moment, wo wir davon reden Mutter Natur zu helfen, kommt es bei den Menschen so an als wäre sie schwächer als wir, und als hätten wir vielleicht eine Chance, auch wenn sie schon komplett vernichtet wäre, weiterleben zu können. Aber dem ist nicht so. Ein Berg aus Felsen braucht weder gute Luft zum Atmen noch eine Ozonschicht um keinen Sonnenbrand zu bekommen. Er braucht auch keine unvergifteten Böden um sich Nahrung anzubauen – das sind nur wir.

 

Solange unsere Erklärungen so emotionalisiert sind wie wir sie uns aktuell gegenseitig erzählen, solange werden wir mit dieser nüchternen und unemotionalen Thematik nicht fertig werden. Das Konzept uns die Problematik über "Mutter Natur" nahezubringen und an unser Gewissen zu appellieren ist gescheitert. Das einzige was wir Menschen anscheinend verstehen ist, wenn es um unsere eigene Haut geht. Nur so kapieren wir es.

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