Blaupause für den Bund? Sicher nicht.

Viele Journalisten und Analysten glauben jetzt nach den Landtagswahlen in BW und Rheinland-Pfalz schon eine Tendenz im Bund zu sehen. Aber ist das so einfach? Ja, aber nur wenn man mit seiner Analyse falsch liegt.

 

Hätten die Ergebnisse in den beiden Landtagswahlen tatsächlich mit den Parteien zu tun, dann wäre diese Schlussfolgerung sicher richtig. Aber ich denke, dass gerade auf Länderebene die Sache oftmals ganz anders ist. Nehmen wir mal Baden-Württemberg: Hier ist Winfried Kretschmann seit 8 Jahren Landesvater und macht einen sehr soliden Job. Das liegt nicht zuletzt daran, dass er in seinem Bundesland eine Politik betreibt, die oft nicht auf Parteilinie, und somit wesentlich realitätsnaher und viel weniger "grün" ist als das Die Grünen/ Bündnis 90 in Berlin gerne sehen würden. Viele attestieren Kretschmann er wäre eigentlich ein Konservativer in grünem Gewand. Seine Wirtschaftspolitik stützt diese These da selbst er als Grüner ein gutes Verhältnis zu den ansässigen Industrien, darunter auch der Autoindustrie, pflegt. Er als Landesvater mit viel Lebenserfahrung weiß – entgegen seinen unreifen "Kindern" in Berlin – dass er mit den wilden Thesen seiner Parteispitze, die Problematiken seines Bundeslandes nicht in den Griff bekommen kann. Darum handelt er, genau wie Boris Palmer, oftmals pragmatisch und realitätsnah, was oftmals dem Parteiprogramm gänzlich widerspricht. Das macht aber gerade diese beiden Personen extrem beliebt bei der Bevölkerung. Bei ihnen hat man als Bürger das Gefühl, dass sie die Nöte und Bedürfnisse der Bürger verstanden haben und, dass sie sich im Zeifelsfall auch vor ihre Bürger stellen und sich dafür ggf. auch immer wieder mit ihrer Partei anlegen. Und exakt dieser Kampfgeist wirkt sich direkt auf deren Beliebtheit aus, und das lagerübergreifend! Selbst Bürger die eigentlich anderen Lagern zugehörig sind, haben eine sehr hohe Zustimmung für die beiden "Quertreiber" der selbsternannten Ökopartei. Somit ist klar, dass Winfried Kretschmann mit dieser hohen Zustimmung von vorne herein als Favorit ins Rennen ging. Überspitzt gesagt, könnte man auch behaupten er hätte als Kandidat für die Linke, die CDU oder als parteiloser an den Start gehen, oder auch auf alle Parteibücher öffentlich pfeifen können, und hätte die Wahl trotzdem gewonnen. Weil er es ist, den die Bürger wollen. Die Partei schreibt sich diesen Erfolg zwar auf die Fahnen aber mit der Realität hat das nichts zu tun. Ich wage auch zu behaupten, dass ein anderer Kandidat  – selbst Baerbock oder Habeck – diese Wahl als Personen nicht gewonnen hätten, auch nicht nach der Vorarbeit von Kretschmann in zwei erfolgreichen Legislaturperioden. Mann kann also fast schon sagen Winfried Kretschmann hat die Wahl haushoch gewonnen, OBWOHL er bei den Grünen ist. Dass die CDU Kandidatin dagegen total schwach und ausserhalb BW relativ unbekannt ist, hat es für Kretschmann am Ende nur noch leichter gemacht den Sack zuzumachen.

 

Wäre es so gewesen wie die Parteispitze der Grünen das für sich in BW reklamiert und die Partei landesweit tatsächlich im  Aufwind wäre, dann hätte sie auch die Wahl in Rheinland-Pfalz haushoch gewinnen müssen. Hat sie aber nicht. Denn auch in diesem Teil Deutschlands zeigt sich das exakt gleiche Bild – nur mit einer anderen Partei. Hier hat nämlich die überaus beliebte Malu Dreyer die Meisterschale gewonnen. Auch hier ging es weniger um die Partei als um die Person. Denn im Bund fällt die Zustimmung für die SPD täglich weiter ins bodenlose. Auch hier wage ich zu behaupten, dass die Wahl dort weder durch Esken, Borjans oder Scholz gewonnen worden wäre. Das verdankt die Partei einzig einer überaus beliebten Malu Dreyer. Auch hier kann man mutmaßen, dass Malu Dreyer so überaus beliebt ist, dass sie sie trotz der immer wiederkehrenden Entgleisungen der Vorsitzenden, trotzdem gewinnen konnte.

 

Wenn man diese Erkenntnis aus diesen beiden Wahlen mit der These, die regierenden Parteien haben immer einen gewissen Bonus, zusammenbringt, ergibt sich für den Bund ein völlig anders Bild. Das würde bedeuten dass die CDU nach wie vor auf Bundesebene den größten Zuspruch haben dürfte. In diese Gleichung spielt sicher auch hinein, dass die Bevölkerung immernoch die verhängten Maßnahmen zur Corona-Bewältigung in hohem Maße mitträgt und für richtig hält. Das heisst: unterm Strich macht die Regierung im Auge der Bevölkerung einen guten Job. Ob sie das einer anderen Partei in diesem Maße zutrauen würde, ist eher fraglich.

 

Das bedeutet aber nicht, dass die CDU die Bundestagswahl bereits in der Tasche hat. Dazu ist die Lage doch zu fragil. Gerade die jüngsten Skandale um Bestechung bei der Bestellung der Masken, ist ein herber Rückschlag für die Partei. Aber was hierbei viel mehr Schaden anrichtet, ist die glück- und kraftlose Art und Weise wie die Partei bei der Aufarbeitung agiert. Böse Zungen könnten an dieser Stelle behaupten, dass es durchaus vorhersehbar war, dass ein profilloser Parteichef wie Armin Laschet zu keinem Zeitpunkt genug Format hatte, mit solchen Krisen fertig zu werden. Seine aktuelle Zurückhaltung gäbe ihnen in hohem Maße recht. Nicht gerade hilfreich ist hierbei, dass die Partei aus der Bennenung des Kanzlerkandidaten so ein peinliches Versteckspiel macht und die Führungsrolle so weit offen lässt. Das bietet den anderen Parteien zu viel Raum um sich zu profilieren und schafft eine immense Angriffsfläche, welche die CDU auf Dauer zu weit vom Kurs abbringen wird. Wenn auf meinem Schiff der Motor ausfälllt und ich meinen Kurs nicht mehr aus eigener Kraft korrigieren kann, dann ist es nicht unbedingt hilfreich noch riesen Segel aufzuspannen und diese falsch in den politischen Gegenwind zu stellen. Dann entscheiden nämlich meine politischen Gegner über meinen Kurs. Genau das passiert aber aktuell.

 

Will also die CDU ihren Führungsanspruch erhalten, dann muss sie handeln – nicht morgen, nicht zwischen Ostern und Pfingsten, sondern jetzt. Jeder hierbei verlorene Tag ist ein gewonnener Tag für die Konkurrenz und wird sich auf das Bauchgefühl der Wähler auswirken. Umso schwerer wird dieser Trend umzukehren sein. Fast schon komödiantisches Potential haben aktuell die Rufe Friedrich Merz müsse jetzt doch eine Führungsrolle übernehmen. So sehr ich auch für Friedrich Merz als Vorsitzender der CDU und als Kanzlerkandidat war; wie soll das jetzt noch gehen? Ein Mann der sich zweimal zur Wahl gestellt hat und gescheitert ist, ist beschädigt. Wenn aber eine Partei in einer ihrer schwersten Krisen nichts besseres aufzubieten hat als beschädigte Ware, dann fehlt mir die Vorstellungskraft wie dieser genug Rückendeckung von einer Partei erhalten soll, die ihn zweimal nicht wollte. Wobei man hier unbedingt festhalten muss, dass die CDU selbst dafür verantwortlich ist, ihren eigentlich stärksten und fähigsten Mann, zu Gunsten eines faden Armin Laschet, selbst beschädigt zu haben!

 

Dringender denn je braucht die CDU deshalb jetzt einen Kanzlerkandidaten, sie braucht jetzt den Willen zu neuen Regeln um das Image des sumpfigen und lobbyverseuchten Wirtschafts-Klüngel-Vereins abzulegen. Wer um sein Leben kämpfen muss, der muss vor allem eines: wirklich kämpfen! Das sehe ich leider in diesem Waschlappenverein gar nicht.

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