Ein "Un-Grüner" rettet Deutschland.

Der neue Modellversuch "Öffnen mit Sichehrheit" in Tübingen hat diese Woche begonnen. Trotz Corona sind Kino- und Theaterbesuche, Shopping und Essen in Restaurants wieder möglich. Alles was man dazu braucht ist ein negativer Corona-Test der dort kostenlos angeboten wird. Schon bekommt man ein sogenanntes Tagesticket und kann sich fast wie vor Corona frei bewegen. Eigentlich ein logisches Konzept, da jemand der bei einem Test negativ ist, normalerwiese eine so niedrige Virenlast haben muss, dass er nicht infektiös sein dürfte. Da sollte die Gefahr absolut überschaubar sein.

 

Jetzt ist es auch nicht so, dass die komplette Riege der Wissenschaftler bei diesem Versuch auf die Barrikaden geht und wie Karl Lauterbach die Reiter der Apokalypse heranreiten hört. Es gibt durchaus Pandemiologen und Hygieniker die diesen Feldversuch befürworten und für absolut verantwortbar halten. Das liegt nicht zuletzt daran, dass das umgesetzte Konzept schlüssig und relativ einfach umsetzbar ist. Verwunderlich ist, dass gerade ein Grüner diesen eigenwilligen Weg geht, obwohl doch auch die Parteiführung in Berlin ein unmutiger Befürworter der von der Regierung vorgegebenen Einschränkungen und des Lockdowns ist. Aus deren Parteizentrale ist keine echte Kritik am Lockdown zu hören. Hier wird lediglich die Umsetzung kritisiert, weil ein Mut zum Öffnen auch dort nicht sichtbar ist. Soweit möchte man sich dort nicht aus dem Fenster lehnen, denn man möchte keinesfalls den Umfragen, die einen deutlichen Aufwind prognostizieren, entgegenwirken. So wird also auch hier dieser Gutmenschen-"wir retten jedes Leben"-Blödsinn weiter hirnlos in die Welt hinausposaunt. Aber alles immer nur so laut, dass man an keiner Stelle bei irgendwem aneckt. Politischer Mut: Fehlanzeige!

 

Deswegen halte ich Boris Palmer für einen echten Un-Grünen, ja vielleicht sogar für einen Un-Politiker, der für das gesamte politsche Spektrum in die Bresche springt. Sein Mut nun genau den Verusch zu starten, der uns endlich aus dem Nebel von theoretischen Modellen und Berechnungen heraus zu echten Erkenntnissen führt, ist bewundernswert. Die bislang vom Bund verfolgte Strategie auf die Theoretiker zu hören und damit das ganze Land im Dornröschenschlaf zu halten, basiert ja nicht auf Erkennissen aus realen Versuchen. Es sind hypothetische Berechnungen und Zahlen denen man mehr Glauben schenkt als eigenen Erfahrungen. Aber das ist als würde ein Komiker im stillen Kämmerlein seine Lacher auf dem Reißbrett schreiben ohne diese je am Publikum ausprobiert zu haben. Aber was im eigenen Kämmerlein lustig sein mag, kann durchaus beim Publikum zu keinem Lacher führen. Umgekehrt, kann es aber sein, dass das Publikum sich an einer Stelle schlapp lacht, die der Komödiant nie erwartet hätte.

 

Nun ist es aber nicht so, dass Tübingen der einzige Versuch, oder Schritt in diese Richtung gewesen wäre. Aber der Mutigste. Es gab ja zu einem anderen Zeitpunkt der Pandemie die Entscheidung von Bodo Ramelow in Thüringen zu öffen obwohl alle anderen Länder tiefer in die Einschränkungen gegangen sind. Leider fehlte ihm der politsche Mut dem immensen Gegenwind zu widerstehen, weshalb er nach kurzer Zeit eingeknickt ist. Auch hier zeigte sich, das politischer Opportunismus nichts mit Mut sondern mit Feigheit zu tun hat. Denn man geht hier nur soviel Risiko ein wie nötig, und das ist zu Pandemiezeiten eben gar keines. Aber wir haben auch in Israel bereits gesehen dass ein Öffnen trotz fehlender Herdenimmunität möglich ist. Auch das immer wieder gescholtene Schweden, wie auch die Schweiz, zeigen dass es geht, denn auch dort gab es zwar erhöhte Todeszahlen, aber die prophezeite Explosion ist auch dort ausgeblieben. Hier müsste man genauer beleuchten, ob das ausschließlich mit den Öffnungen zu tun hat, oder ob da auch andere Faktoren wie die Ausstattung des Gesundheitssystems mit reinspielen.

 

Gerade deswegen ist dieser Versuch in Tübingen der wahre Gamechanger. Denn wenn es dort funktioniert, können sich unsere Experten nicht mehr darauf herausreden, dass etwaige Versuche und Strategien aus anderen Ländern nicht 1:1 auf Deutschland übertragen werden können; z. B. weil das Gesundheitssystem anders ist oder weil das soziale Verhalten anderes wäre. Tübingen wäre hier eine Modellstadt mit Vorbildcharakter. Wenn dieses Experiment gelingt muss der Rest des Landes nachziehen und wird sich theoretisch schwer tun die bisherige Strategie weiterzuverfolgen.

 

Natürlich werden die Stimmen hinterher laut sein, egal wie das Projekt ausgeht. Sollte das Projekt ein Erfolg sein, werden es die Grünen sicher auf ihren Deckel schreiben. Politisch opportun, aber leider fernab der generellen grünen Strategie. Geht das Projekt in die Hose, dann wird Boris Palmer wiedereinmal von allen Seiten die Prügel für seine eigenwillige Art bekommen, allen voran aus der eigenen Partei, weil gerade sie sich dann in hohem Maße beschädigt sehen. Ich hingegen sehe in ihm den mutigsten Mann in Deutschland. Ich sehe in ihm aktuell den einzigen varantwortungsvollen Politiker. Er ist nicht nur eingeschüchtert von den Todeszahlen, sondern sein Konzept ist eines das auch für alle Lebenden in Tübingen steht. Ich wünsche ihm damit Erfolg, denn damit wünsche ich auch allen in Deutschland ein besseres Leben in Pandemiezeiten.

 

Boris Palmer und Tübingen sind ein leuchtendes Beispiel für Deutschland.

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