Auf gehts, Armin!

Ich gebe es gerne zu: Armin Laschet ist nicht mein Wunschkandidat gewesen. Wenn es nach mir gegangen wäre, dann hätten entweder Friedrich Merz oder Norbert Röttgen das Rennen gemacht. Nun geht es aber nicht nach mir, sondern die CDU macht Ihre Regeln selbst. Deshalb zieht die CDU nun mit Armin Laschet in den Bundeswahlkampf.

 

Ich bin in den letzten Tagen in mich gegangen und habe mich gefragt, was ich mit einer "Kandidatur Laschet" anfangen soll. Da fiel mir auf, dass ich in den letzten Monaten in eine Falle getappt bin, die ich erst durch Markus Söders unterirdisches Verhalten erkennen konnte. Ich habe beim Kanzlerkandidaten auf eine Figur mit viel Getöse und TamTam gewartet. Eine Person die mich begeistert und mit Charisma überzeugt. Nicht, dass das jemals Markus Söder für mich gewesen wäre. Aber ich habe mich dabei in den letzten Tagen auch speziell an Barack Obama erinnert und daran wie er bei seiner ersten Kandidatur die Massen elektrisiert hatte. Dieser Begeisterung konnte er aber als Präsident leider nie gerecht werden. Auch wenn er eine echt coole Sau mit einer total gewinnenden Art ist, war er doch nur ein durchschnittlicher Präsident, der weit unter den Erwartungen zurückblieb. Deswegen habe ich für mich die Entscheidung getroffen mich zu einer neutralen Sichtweise zu zwingen. Ein direkter Blick auf Markus Söder zeigt mir, dass das eine gute Entscheidung von mir ist. Denn Markus Söder ist genau solch ein Dampfplauderer der versucht mit einem aufgesetzt "staatsmännischen" Auftreten die Menschen genauso in seinen Bann zu ziehen wie damals Barack Obama. Mal von der Tatsache abgesehen, ob er seinen Worten Taten folgen lassen würde, hat er nicht mal einen Bruchteil des Charismas eines Barack Obama. Seine einstudiert auswendiggelernten Phrasen tun mir bereits seit Monaten fast schon körperlich weh. Seine gespielte Emotionalität ist unterm Strich eher eine machtsüchtige Emotionslosigkeit.

 

Armin Laschet hat im Gegenzug dazu kein großmäuliges Auftreten. Er ist relativ unaufgeregt und macht im ersten Moment nicht wirklich viel her. Er wirkt geradezu unscheinbar. Aber, wenn ich mir vor Augen führe was in der CDU in den letzten Wochen für ein Druck gegen ihn herrschte, wundere ich mich, dass er diesem Druck standgehalten hatte. Aber genau solch einen Druck muss ein Kanzler permanent aushalten. Markus Söder hingegen schien zu glauben in seinem bauernschlauen Winkelzug, sich dem Colon Angela Merkels zu widmen, sich die allesentscheidene Allianz zu sichern, die ihm zur Kanzlerkandidatur verhelfen würde. Aber da hatte er sich gewaltig geschnitten. Im Gegensatz zu Söder hatte Laschet erkannt, dass eine schwache CDU in jedem Fall den Kandidaten stellen musste, egal wer es sein würde. In einer Phase in der die CDU in den Umfragen absinkt, konnte sie keinen Kandidaten aus der Schwesterpartei nominieren, weil damit die Souveränität der Partei noch weiter beschädigt worden wäre. Jemand aus der CSU wäre nur eine Option gewesen, wenn das Personal in der CDU perfekt aufgestellt gewesen wäre. Das war aber nicht der Fall. Mit einer allesüberschattenden Kanzlerin und ehemaligen Vorsitzenden im Rücken und einen querschießendenen Vorsitzenden aus Bayern ist die Situation quasi das krasse Gegenteil. Dies zu erkennen, ist schon mal eine Grundfähigkeit um überhaut das Zeug zum Kanzler zu haben. Nach den letzten zwei Wochen ist sonnenklar, wer von den beiden Kontrahenten diese Weitsicht hatte, und wer nicht.

 

Jetzt kann man natürlich weiter auf der Tatsache herumreiten, dass Laschet ein schwacher Kandidat ist, der vom Start weg schon gehandicapped ist und die Aussichten für die Union schmälert. Aber wenn man mal daraüber nachdenkt, fällt einem unmittelbar auf, dass dies auch auf den Wahlkampf von Angela Merkel von 2005 zutrifft. Nach einem Kanzler Schröder, der ein Ego hatte das für drei Kanzler ausgereicht hätte, schien Merkel mit ihrem damaligen eulenhaften Erscheinungsbild wie ein Rohrkrepierer. Trotzdem hatte sie das Rennen gewonnen und offenbarte das wahre Wesen des schlechten Verlierers Schröder. Darauf folgte ein "au Backe, das kriegt die doch nie hin. Das wird nix." Und trotzdem wurden daraus drei beeindruckende Amtszeiten einer souveränen Kanzlerin Merkel die in der gesamten Welt für Stabilität gesorgt hatte. Die Vierte und letzte Amtszeit blende ich jetzt in meinem Lobgesang einfach mal aus.

 

Gleiches trifft übrigens auch auf Joe Biden zu. Während des gesamten Wahlkampfes wurde er von Trump als "Sleepy Joe" verhöhnt und wurde auch von der Presse als ganz schwacher Kandidat betrachtet. Er wäre zu alt, er wäre verwirrt und er wäre rückwärtsgewandt. Seine Auftritte wurden immer wieder als unkonzentriert, fahrig und unsouverän verrissen. Aber just dieser Kandidat, den alle als Fehlbesetzung bezeichnet hatten, hatte Donald Trump gehörig den Arsch versohlt! Er hat viele der Beschlüsse von Trump wieder eingefangen, hat diplomatische Beziehungen in kürzester Zeit gekittet und in der Corona Pandemie das Ruder in beeidruckender Weise herumgerissen. Was mich aber am Meisten beeidruckt: das Land scheint nicht mehr so zerrissen und die Gemüter scheinen sich auf beiden Seiten langsam wieder zu beruhigen. Zumindest bekomme ich hier in Deutschland nicht mehr viel von den Grabenkämpfen zwischen den Anhängern der Demokraten und den Republikanern mit. Seine jüngsten Anstrengungen bezüglich Klimaschutz dürften auch einer Annalena Baerbock die Kinnlade heruntergeklappt haben. Sogar Nationen wie China und Russland Zusagen abzuringen, hatte nicht mal das Pariser Klimaabkommen fertiggebracht. Trotz der Unkenrufe eines Donald Trump, scheinen viele Republikaner anerkennen zu müssen, dass Biden kein Dummschwätzer ist, der nur eine tolle Show abliefert. Es sind die Taten die zählen.

 

Wenn ich das jetzt auf Armin Laschet umlege, empfinde ich dessen Chancen gar nicht mehr als so schlecht, weil sich der Fokus dessen, was mir wichtig ist, verschiebt. Es geht mir tatsächlich nicht mehr um Show oder große staatstragende Worte sondern ich schaue viel genauer hin. Es geht mir um Authentizität und ob jemand das meint was er sagt. Und da muss ich ganz klar sagen, hat Armin Laschet bei den jüngsten Interviews bei mir ganz stark gepunktet. Damit, dass er bei 3vor9 Jan-Josef Liefers Kampagne gegen die Corona-Beschlüsse als legitim verteidigt hatte, konnte er zeigen, dass er ein lupenreiner Demokrat ist, der auch so handelt. Er hat gezeigt, dass er die Kampagne nicht teilen muss, aber er kann sie akzeptieren und respektieren – ja sogar verteidigen. Das ist es was ein großer Staatsmann tut; den Befürwortern und Gegnern unaufgeregt und unvoreingenommen zu erklären was Demokratie ist. Natürlich wirkt das wesentlich weniger pompös als das polarisierende Gebrüll von Markus Söder. Aber genau diese Besonnenheit die Laschet aktuell zeigt erwarte ich von meinem zukünftigen Kanzler: er soll sich für alle Bürger gleichermaßen einsetzen, und das scheint er einfach zu verstehen! Dass er bei den Interviews bisweilen etwas hibbelig wirkt, mag Manchem vielleicht etwas unsouverän erscheinen, ist für mich ein ganz klares Plus. Ich will ihn nicht total unterkühlt und konstruiert haben. Das würde für mich das Bild eines von Beratern gecoachten Eisblocks zeichnen, dem nicht bewusst ist, um was es geht – an welchem Scheideweg wir mit dermaßen starken Grünen stehen. Ich will einen Menschen und dann darf es auch "menscheln" und etwas unperfekt sein.

 

Was ich aktuell auch beobachte, ist, dass uns Markus Söder sein wahres Gesicht zeigt und wir auch erkennen können wieviel man auf sein Wort geben kann. Von seiner Zusage, Armin Laschet zu unterstützen und für die gesamte Union zu kämpfen ist nicht viel übrig geblieben. Auch wenn er glaubt seine Seitenhiebe in Richtung Armin Laschet wären subtil, ist sein Stolz doch deutlich erkennbar verletzt. Ich habe selten einen schlechteren Verlierer gesehen. Seine Beteuerungen er wäre der Kandidat der Herzen zeigen eigentlich nur eine einzige Sache: er ist als Kanzler in hohem Maße ungeeignet. Ein Staatsmann braucht einfach viel mehr Größe und sollte sich emotional besser in Griff haben. Er schadet damit nicht nur der CDU sondern langfristig sogar der CSU. Nicht nur, dass ich ihn nicht als Kanzler will, ich möchte ihn eigentlich nicht mal mehr als Ministerpräsidenten von Bayern. Mal sehen was Hubert bei der nächsten Wahl zu bieten hat, dann wird es für Markus Söder bei mir sehr schwer werden.

 

Um es kurz zu machen: ich werde jetzt Armin Laschet unterstützen. Ich werde ihn beobachten, werde bei seinen Worten auf seine Haltung achten und werde zwischen den Zeilen lesen. Er bekommt von mir eine faire Chance sich zu erklären und seine Vision für Deutschland zu zeichnen.

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