Häme für CureVac: eine Schande für den Journalismus!

Ich dachte echt ich sehe nicht richtig: Bezeichnete man die Firma CureVac dieser Tage bei Welt-Online doch tätsächlich als Verlierer und deren Impfstoff als Verlierer-Vakzin. Ich habe echt gedacht ich spinne. So etwas respektloses habe ich lange nicht mehr gesehen.

 

Es ist schlimm genug, dass viele Journalisten und Moderatoren sich ihres eigentlichen Auftrags nicht mehr bewusst zu sein scheinen. Es gibt nämlich einen himmelweiten Unterschied zwischen einem Bericht und einer Meinung. Wenn man sich z. B. mal die Tagesthemen ansieht wird einem der Unterschied deutlich: dort gibt es nämlich zum einen den Nachrichtenblock und zum anderen den Kommentar-Beitrag einzelner Journalisten zu bestimmten Themen. Ersteres sollte immer ohne die persönliche Meinung und Weltanschauung des Journalisten, völlig wertefrei informieren. Hier sollten Tatsachen so neutral wie möglich offengelegt und an den Bürger weitergegeben werden. Somit sollte der Bürger in der Lage sein sich seine Meinung selbst zu bilden. Was nicht heißen soll, dass der Journalist keine eigene Meinung haben darf. Auch heisst dies nicht, dass er diese nicht kund tun darf. Dafür sind aber ausgewiesene Kolumnen oder Meinungsbeiträge gedacht, die auch als Meinung gekennzeichnet sein sollten. Diese klare und erkennbare Trennung halten viele aber offensichtlich nicht mehr für nötig. So wird es oftmals deutlich, dass Beiträge nicht mehr nur objektiv informieren sollen, sondern die Autoren wollen stets auch ihre eigene Weltanschauung mitveröffentlichen um in gewisser Weise ihr eigenes Weltbild zu exportieren. Auch wenn Journalisten zu glauben scheinen, dass dies legitim ist, sehe ich dies eher kritisch. Dazu kommt noch, dass es den Medien auch nicht zusteht sich als Richter über Gut und Böse aufzuspielen. Selbst wenn ich als Journalist einen bestimmten Sachverhalt aufdecke, kann ich mir erstens niemals 100% sicher sein, dass ich alle Fakten kenne, und zweitens erfordert das Richten über Gut und Böse eine gewisse Kompetenz in Sachen Ethik und Recht. Das wird dabei aber offenbar übersehen. Darum verstehe ich auch, dass so mancher Bürger den Medien dann unterstellt, nicht unabhängig zu sein und glaubt bestimmte Verbindungen zu etwaigen Interessengruppen zu erkennen. Ob dies im Detail stimmt kann ich nicht sagen, aber ein "Geschmäckle" bleibt da schon zurück. 

 

Aber im aktuellen Falle, über den Impfstoff von CureVac, hat der Autor mit seiner Headline den Vogel abgeschossen. Da ich den Artikel nicht mehr finden konnte muss ich die Headline aus dem Kopf frei zitieren: "Wer ist Schuld am Verlierer-Vakzin?". Diese Headline war auf so vielen Ebenen daneben, da weiß ich gar nicht wo ich anfangen soll?

 

Verlierer.

Ich gehe zunächst mal auf das für mich Offensichtlichste ein, nämlich, dass der Impfstoff von CureVac als Verlierer-Vakzin bezeichnet wurde. Hier würde ich zu allererst mal anmerken, dass dies kein ausgewiesenes Wettrennen zwischen den Herstellern war, sondern ein Wettlauf zwischen der gesamten Menschheit und dem Virus! Wir sollten daher jedem einzelnen dankbar sein, der sich aufgemacht hatte um dieses Rennen zu Gunsten der Menscheit zu entscheiden. Dazu gehört auch jeder Forscher oder Labormitarbeiter bei CureVac. Wer sich nur ein bisschen mit Forschung beschäftigt, weiss, dass es in der Forschung keine Garantie für Erfolge gibt. Es gibt Bereiche in denen Forscher bereits seit Jahrzehnten forschen und dennoch zu keinem verwertbaren Erfolg gekommen sind. Macht das diese Leute gleich zu Versagern und Verlierern? Hätten sie deshalb niemals an Impfstoffen für HIV oder an Thermapiemethoden für Krebs forschen sollen? Man kann in der Forschung die Ergebnisse einfach nicht erzwingen. Wer dies einfordert ist sowohl weltfremd als auch arrogant und hat in seinem Großstadtnebel bereits jeden Bezug zur Realität verloren. Im Rahmen der Pandemie haben sich mehrere Unternehmen aufgemacht in kürzester Zeit einen Impfstoff zu entwickeln und keine der Firmen konnte im Vorfeld versprechen ob deren Bemühungen erfolgreich sein würden. Was dabei die Beteiligung unserer Regierung angeht, war auch für sie nicht absehbar welcher der Hersteller am Ende einen Impfstoff liefern würde und wer nicht. Die finanzielle Beteiligung an der Firma CureVac war natürlich trotzdem richtig. Das agressive Buhlen Donald Trumps, um diesen Hersteller von Tübingen in die USA zu hohlen, musste selbstverständlich abgewehrt werden. Dazu kommt, dass CureVac nachwievor ein vielversprechender Hersteller von innovativen Produkten ist und somit eine Beteiligung völlig gerechtfertigt war. Es hätte genauso gut sein können, dass die Regierung CureVac hätte ziehen lassen und sie dann in den USA zum Erfolg gekommen wäre. Was wäre dann los gewesen? Ich würde meine Hand dafür ins Feuer legen, dass just dieser Autor dann einen Artikel geschrieben hätte in dem er die staatliche Beteiligung an CureVac nicht massiv als Fehler kritisiert hätte, sondern es in seinen Augen ein Versäumnis gewesen wäre, dass eben dies nicht passiert ist. Das ist ein klarer Fall, dass dieser Autor (aber nicht nur er alleine) mit seinem Artikel nicht informieren möchte, sondern seinen ganzen Frust über diese Situation rauslässt, in dem er sich eher auf das Richten verlegt.

 

Schuld.

Bei diesem Thema von Schuld zu sprechen haut mir echt fast den Vogel raus. Wer kann hier an was schuld sein? Was bedeutet hier das Wort Schuld? Wir tappen hier alle von Beginn an im Dunkeln. Aber wir erwarten als Bürger von einzelnen Personen, dass sie Dinge erkennen hätten müssen, die keiner erkennen konnte. Wir erwarten hier fast schon seherische Fähigkeiten, die wir ja selbst alle nicht haben. Die Bestrebungen von CureVac werden als Versagen eingestuft, obwohl man hier nie sicher sein kann was am Ende rauskommt. Diese Menschen haben trotzdem zum Wohle der Menschheit geforscht. Diese Bestrebungen und Bemühungen dann mit Schuld zu versehen ist nicht nur dumm und ignorant, sondern in hohem Maße auch respektlos. Wenn dies die Art und Weise ist mit Menschen umzugehen, die sich um unsere Gesellschaft bemühen, sollten wir uns nicht wundern wenn diese Bereitschaft in Zukunft abnimmt. Nicht nur, dass diese Leistungen nicht anerkannt werden, sondern dass man dafür auch noch Prügel bezieht, kann sicherlich kein Anreiz für Innovation sein. Wir werden aufgrund solcher Vorgänge in Zukunft wesentlich weniger Risikobereitschaft und Innovation sehen als uns lieb ist. Denn wer bezieht schon gerne Prügel oder hat es gerne wenn sich Häme über ihm ergießt?

 

Kritikfähigkeit.

Inwieweit die Median dabei aber selbst kritikfähig sind erkenne ich zunehmend in den Kommentarspalten. Bei diversen Online-Medien wie Welt-Online findet man unter den jeweiligen Artikeln sogenannte Kommentarspalten in denen sich die Leser zu den Themen äußern können. Diese Kommentare werden nicht direkt nach dem Bestätigen durch den Leser veröffentlicht, sondern müssen erst einer inhaltlichen Prüfung unterzogen werden und werden dann freigeschaltet. Dies ist richtig so, weil die jeweiligen Betreiber der Platformen so sicherstellen können, dass beleidigende, rassistische oder themenfremde Inhalte ausgefiltert sind. Somit würde ich hier auch nicht von Zensur sprechen, sondern die Medien kommen hier ihrer Sorgfaltspflicht nach und moderieren diese Kommentarspalten mit großer Umsicht. Was ich aber auch zunehmend feststelle ist, dass gerade kritische Kommentare zu Artikeln die sich stark auf die Arbeit der Autoren beziehen – auch wenn sie absolut sachlich, nicht beleidigend oder gar respektlos sind – trotzdem im Rahmen der Möglichkeiten versucht werden zu verhindern. Zwar werden sie nicht durch eine Nichtveröffentlichung komplett zensiert, aber deren Veröffentlichung wird meist um einen Tag verzögert, so dass die Mehrheit der Leser diesen Artikel des Autors (und auch die Kommentarspalte) bereits gelesen und selbst kommentiert hat, und kritische Kommentare die zu spät kommen einfach nicht mehr gesehen werden. Das ist zwar unter dem Deckmantel der Inhaltsprüfung gedeckelt und legal, aber trotzdem als zensierende Maßnahme extrem wirkungsvoll. Exakt dies, ist mir beim Thema CureVacs Versager-Vakzin bei Welt-Online wieder einmal passiert. Als ich meinen Kommentar vor dem Absenden nochmals korrekturgelesen hatte, war mir klar, dass die Kritik an diesem Autor so deutlich ist, dass mein Beitrag vermutlich nicht innerhalb von wenigen Minuten zu sehen sein würde. Und genau so kam es dann auch.

 

Viele Medien sind sind heutzutage einfach zu selbstgerecht. Journalisten verstehen sich zunehmend als Philosophen oder Meinungsbilder und nicht mehr als Ermittler und Berichterstatter von Fakten. Ganz offensichtlich haben auch hier diverse Interessengruppen mit ihrer indirekten Form von Lobbyismus Einzug gehalten und im Wettrennen um die "bessere Weltanschauung" Verbündete gefunden. Ich unterstelle hier keinem absichtliche Desinformation oder eine Agenda. Es scheint eher so, dass der zivilisatorische Nebel sich über die Fakten legt und Meinungen zu den neuen Fakten werden. Schlimm wir es wenn in der Wahrnehmung der Bürger diese Verwechslung manifestiert wird. Nur so ist es zu erklären, dass ein Unternehmen wie CureVac in den Medien so kaputtgeredet wird wie das dieser Tage passiert.

 

Es braucht wieder mehr Respekt und Wertschätzung, auch von den Medien!

Kommentar schreiben

Kommentare: 0