Protest durch Nichtwählen. Was für ein Unfug!

Dieser Tage habe ich in einem TV-Beitrag gehört, dass manche Jugendliche durch Nichtwählen ihre Art von Protest zeigen wollen. Der in dem Beitrag gezeigte junge Mann hat aber ohne zu wissen tief blicken lassen.

 

Man muss das Thema Protest bitte genauer beleuchten. Was genau ist Protest? Protest ist nicht nur ein Prädikat, dass ich einer Handlung anheften kann weil ich das so interpretieren will. Protest ist eine Handlung, die eine persönliche Haltung für andere sichtbar macht. Das kann die Teilnahme an einer Demonstration, das Anketten an ein Gebäude oder ein Hungerstreik in einem Gefängnis sein. Selbst wenn dies nichts mit einer aktiven Aktion zu tun hat, weil man z. B. beim Hungerstreik eben sehr passiv bleibt, so geht es darum dem eigenen Protest ein sichtbares Forum zu geben und Aufmerksamkeit zu erregen. Somit würde auch Nicht-Essen zu einem aktiven und wahrnehmbaren Statement werden, wenn das an die Öffentlichkeit dringt.

 

Es gab ja in jüngster Vergangenheit Parteien, wie z. B. die Grünen, die Jugendlichen eine Reife attestieren wollen, um diese viel früher an die Wahlurnen zu bekommen. Ich möchte der kommenden Generation weder ihren Enthusiasmus noch ihr Engagement generell absprechen. Es gibt in jeder Altersgruppe Personen die reifer und andere die unreifer sind. Aber die Person die in diesem Beitrag gezeigt wurde, war in den Augen der Redakteure einer der reflektierteren Heranwachsenden. Ein engagierter junger Musiker der unter den Corona-Einschränkungen in seiner Musikkarriere einen massiven Knick hinnehmen musste. Er hatte sich nach seinen Aussagen wohl mit einigen Parteien beschäftigt, konnte im Beitrag aber lediglich zitieren, dass die AfD wohl dafür wäre die Beschränkungen wieder aufzuheben. Man bekam als Zuschauer das Gefühl, dass diese Übereinstimmung mit der AfD ihm Unbehagen bereitete, aber eben jene eine Übereinstimmung wohl gut für ihn und seine Karriere wäre. Dieser Konflikt führe bei ihm wohl dazu, dass er aus Protest lieber nicht zur Wahl gehen wird.

 

Einfach mal von der Wahl wegzubleiben, und dies mit solch einer starken Aktion wie einem Hungerstreik gleichzusetzen, ist nicht nur naiv sondern auch Realitätsverweigerung. Damit überschätzt man die Sichtbarkeit der eigenen Person. Denn, wenn ein unbekannter Mensch von der Wahl wegbleibt ist das kein sichtbares Statement sondern lediglich die Verweigerung sich mit dem wichtigen Thema Bundestagswahl so lange zu beschäftigen, bis man selbst zu einem Votum fähig ist. Eine faule Ausrede also. Und, so faul und unreif zu sein dies einfach nicht zu wollen und sich lieber mit seiner Musik und Karriere zu beschäftigen ist zwar ein Statement das tief darauf blicken lässt wo die Person ihre Prioritäten hat, aber ist beim besten Willen kein Protest. Punkt. Schlimmer noch: Diesen jungen Menschen ist nicht mal ansatzweise bewusst, wie wertvoll unser Wahlrecht ist. Bitte mal das Wort auf der Zunge zergehen lassen: Wahl und Recht! Wir haben das Grundrecht wählen zu dürfen. Dafür müssen Menschen in anderen Ländern kämpfen und manche auch sterben. Bei uns ist das mit dem 18. Lebensjahr automatisch möglich und trotzdem glauben manche Teenager dies einfach wegzuwerfen wäre eine Form von Protest. Das ist kein Protest sondern sich selbst rechtfertigende Ingoranz. In Belarus oder Hongkong für genau dieses Recht auf die Straße zu gehen und zu riskieren inhaftiert zu werden, das ist Protest! In Amerika für Schwarzes Leben auf die Straße zu gehen ist Protest. Auch das was Greta Thunberg mit ihrem Schild vor dem Parlament gemacht hat, weil dies öffentlich sichtbar war, war eine Form von Protest. Wenn in dieser Altersgruppe in Deutschland so mit dem Wahlrecht umgegangen wird, dann sollte man überlegen das Alter für das Wahlrecht auf 21 Jahre anzuheben. Denn es scheint so zu sein, dass man in diesem Alter einfach nicht die Reife hat, das zu erkennen.

 

Deswegen sage ich es allen Altersklassen ganz deutlich:

Bitte nicht Dinge, die nichts mit Protest zu tun haben, aus Faulheit oder Ignoranz, als Protest deklarieren. Das ist Etikettenschwindel! Protest kann auf die Straße oder gehört als politische Arbeit in eine Partei, aber hat nichts an der Wahlurne verloren. Dazu zähle ich auch nicht zu wählen. Mit dem Recht wählen zu dürfen kommt auch die Verantwortung dem Land eine Richtung zu geben. Jede Stimme die aus falsch verstandenem Protest, nicht vergeben wird, fehlt am Ende einem starken Bündnis. Es steht natürlich jedem frei nicht zu wählen, dann sollte er aber auch so fair sein, dass er zugibt, dass er am Thema Bundestagswahl kein Interesse hat. Es Protest zu nennen, nur um nicht als Ingnorant oder Faulpelz dazustehen, ist unredlich!

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