Dave Chappelle vs. LGBTQ

Nach einer sehr langen Auszeit gab der amerikanische Standup-Comedian Dave Chappelle 2016 bei Netflix, in einem sechsteiligen Special, sein furioses Comeback. Kurz zur Person: Der 48 Jahre alte Afroamerikaner hatte Ende der Neunzigerjahre hochkarätige Rollen in Hollywood-Blockbustern und eine eigene Comedy-Show. Aufgrund der dort immer weiter um sich greifendenden Cancel Culture entschied er sich nach vier Staffeln, auf dem Höhepunkt seiner Karriere, zum Entsetzen der Fans und der Fernsehsender kurzerhand diese einzustellen und sich für mehrere Jahre in eine Kleinstadt in Ohio zurückzuziehen. Das darauf folgende Angebot eines Fernsehsenders für 50 Millionen Dollar eine neue Comedy-Show auf die Beine zu stellen schlug er einfach aus und blieb jahrelang Privatier. Im Laufe seiner Karriere bekam er den Mark Twain Prize for American Humor, und für die Folge Sticks & Stones seines Netflix Specials bekam er den Grammy Award für das Best Comedy Album. Sein Humor ist einerseits sehr ungebremst und trotzdem sehr feinsinnig. In seinen Programmen reflektiert er Politik, Gesellschaft aber auch Kontroversen wie Diskriminierung aus Sicht eines Man of Colour.

 

In Teil 1 von 6 seines Netflix Specials machte er Witze über Sexisten wie Trump, texanische Hardliner, OJ Simpson, Bill Cosby aber unter anderem auch über die Themen Homosexualität und Transgender. Auf brilliante Weise offenbarte er die teilweise widersinnige Argumentation der LGBTQ-Community. Das führte zu einem enormen Shitstorm aus deren Reihen und vieler anderer Moralisten. In den Sozialen Medien wie auch im öffentlichen Rundfunk in den USA sprangen ihm viele Comedians zur Seite und betonten sein Recht auf freie Meinungsäußerung und auf die künstlerische Freiheit. Desweiteren bemängelten sie die fehlende Fähigkeit der Kritiker die Satire in Chappelles Programm erkennen zu können. Chappelles Gegner ließen ihrerseits diese Kritik an sich abperlen und warfen ihm aufgrund seines Programms vor er wäre transphob. Man sagte ihm auch nach er würde nach unten, in Richtung der Transsexuellen, treten. "He punches down on their (LGBTQ) people".

 

Egal wie die Diskussion um seine Person und sein Programm sich auch steigerte, seine Reaktion blieb ausserhalb seines Betätigungsfeldes aus. Sie kam dann in Form seines zweiten Netflix-Specials bei dem er direkt Bezug auf die Anschuldigungen und den Shitstorm nahm. Erneut brillierte er über mehr als eine Stunde. Hierbei spielten aber nicht nur die LGBTQ-Themen eine Rolle, sondern es kamen auch ethnische Themen zur Sprache. Bei einem seiner vorherigen Live-Auftritte hatte er laut seiner Ausführungen ein junges Paar in der ersten Reihe sitzen welches er nach seiner Herkunft fragte. Die Dame war davon recht ungehalten und erklärte schnippisch sie käme aus Kalifornien, wenn er aber auf ihre Ethnie abziele, sie wäre Chinesin. Im Laufe dieses Programms kam es wohl zu einer weiteren verbalen Auseinandersetzung mit ihr weil er auf der Bühne rauchte und sie schwanger war, die darin gipfelte, dass sie ihn beleidigte und dann wutentbrannt aus dem Saal stürmte. Ihr Mann, selbst mexikanischer Herkunft, hatte die ganze Zeit ein amüsiertes Grinsen im Gesicht und ging wohl nur aus Solidarität mit ihr aus der Show. In just diesem zweiten Netflix Special erzählte Chappelle genau diese Geschichte und berichtete auch davon, dass er im Nachgang von seinen Anwälten erfuhr, dass diese Dame einen Brief an seinen Veranstalter geschrieben hätte, dass Chappelle Rassist wäre und aus Abscheu vor ihrer multi-ethnischen Ehe sie rassistisch beleidigt hätte. Sie forderte, dass der Veranstalter alle Geschäftsbeziehungen mit Chappelle beenden solle. All dies erzählte er mit einem süffisanten Grinsen nur um dann vor versammeltem Publikum der Dame über den Ether zuzurufen, dass er selbst in einer multi-ethnischen Ehe mit einer Asiatin lebe. Warum also solle er etwas gegen sie als Asiatin oder ihre Ehe haben? Auch nach dieser Veröffentlichung egoss sich wieder ein Shitstorm über Chappelle, Netflix und seine Veranstalter. Ich überspringe jetzt die Specials 3-5 weil es sich auch hier genauso zutrug, dass Chapelle die ihm zugespielten Bälle wieder in komödiantische Home-Runs verwandelte.

 

Nun kam aber vor zwei Wochen das finale Special The Closer auf Netflix zur Veröffentlichung. Diese letzte Folge war in meinen Augen die am wenigsten Lustige, aber die Brillianteste von allen. Sie war zwar von Humor aber noch mehr von Wahrheit geprägt. Natürlich war all dies in Witze verpackt, dennoch war ein gewisser Ernst dahinter nicht zu übersehen. So sagte er, dass er keinesfalls schwulenfeindlich wäre. Im Gegenteil, dass er eher neidisch auf die Gay-Bewegung wäre, denn wenn er sich ansehe wie viele Jahrhunderte die Afroamerikaner in Amerika nun schon für ihre Rechte kämpfen und es immer noch Polizeigewalt gegen Schwarz gibt, er sich nur wundern kann wie man es bei LGBTQ in wenigen Jahrzehnten geschafft hat so effektiv und mächtig zu werden. Irgendwas laufe dann bei Black Lives Matter wohl falsch. Er führte das Beispiel von DaBaby an; einem bekannten afroamerikanischen Rapper der während seiner Karriere einen anderen Afroamerikaner in Notwehr erschoss, aber erst kürzlich, aufgrund homophober Bemerkungen während eines seiner Konzerte, seine Werbeverträge und seinen Plattenvertrag verlor. Chappelles Satz "An american can kill a N..... and it doesn´t even effect his career, but he better not hurt a gay person´s feelings or he gets cancelled..." lässt genau erahnen welche Shizophrenie er hier offenbart. Das toppte er in dem er fragte "Why is it easier for Bruce Jenner to change his gender, then for Cassius Clay to change his name to Muhammad Ali?". Als er fragte wie es sein kann, dass sie nach ihrer Gender-OP dann als Caitlin Jenner, nach nur einem Jahr Frau-sein, Frau des Jahres werden konnte, da konnte ich mich vor Lachen kaum mehr halten.

 

Er berichtete in irrsinnig lustiger Weise, dass er in einem Parkhaus von einer Frau angesprochen wurde die ihm vorwarf er hasse Frauen und fände das was er macht unmöglich. Er fragte sie darauf wohl bewusst sehr höflich wo sie ihn denn gesehen hätte, ob sie auf einem seiner Konzerte gewesen wäre, ob sie ihn auf Netflix gesehen hätte, oder ob er ihr seine Witze aufgedrängt hätte als sie bei Einkaufen zu ihrem Wagen wollte? So wie es diesem Teil seiner Show zu entnehmen war, verstand sie nicht, dass SIE es war die sich seine Shows freiwillig angesehen hatte. Es war eben nicht so, dass er ihr seine Witze ungefragt aufgedrängt hätte. Als dann von ihr nur noch Gemotze kam, hätte er sie wohl ohne weiteren Kommentar stehen lassen. Tja, auch Höflichkeit hat irgendwo ihre Grenzen.

 

Und am Ende kam seine Geschichte zu Daphne Dorman. Ein Trans-Frau aus der Bay-Area die selbst eine aufstrebende Comedienne war. Er lernte sie kennen weil sie zu unzähligen seiner Shows in dieser Region kam und sich sehr amüsierte, besonders über die Trans-Witze. Er erzählte von ihr und, dass sie sich nach einer seiner Shows unterhielten und er ihr bei einer seiner folgenden Shows sogar die Chance gab für ihn den Opening-Act zu machen – wohlgemerkt ohne sie je vorher in Action gesehen zu haben. Sie nahm begeistert an. Leider kam ihre Performance beim Publikum wohl nicht an, was sie aber nicht davon abhielt ihre 45 Minuten durchzuzuiehen und sich danach, als Chappelle sein Programm performte, in die vorderste Reihe zu setzen. Als sie von hinten von einem Gast beleidigt wurde, gab sie einen so schnippisch-witzigen Kommentar von sich, dass das Publikum amüsiert zu johlen begann. Ab da war Bombenstimmung im Saal und Chappelle berichtete, dass seine ursprüngliche Show durch sie noch besser wurde weil aus seinem Monolog ein permantentes Gespräch zwischen den beiden wurde. Die Leute waren begeistert. Ab da wurde er zu ihrem Mentor. Stolz fuhr er fort, dass als in 2017 die Shitstorms gegen ihn begannen, sich Daphne gegen die Community stellte und ihn verteidigte. Man merkte Chappelle an, dass er gerührt war als er ihre Worte über seine Person zitierte. Sie twitterte "He doesn´t punch down, he doesn´t punch up. He punches lines and he is a master of his craft. Er tritt nicht nach oben, er tritt nicht nach unten. Er schreibt Witze und ist darin ein Meister seiner Zunft." Daraufhin zog sie den Zorn ihrer LGBTQ-Community auf sich und bekam einen Shitstorm nach dem anderen ab. Sechs Tage später nahm sich Daphne das Leben in dem sie von einem Hochhaus sprang und eine Tochter zurück lies. Dann wunderte er sich, "Das ist unglaublich, denn so einen Gangster-Move, wie einfach von einem Dach zu springen, macht doch nur ein Mann?" Und dann sagte er, weil er weiss, dass sie diesen letzten Witz über sie auch lustig gefunden hätte, wäre sie seine Freundin gewesen! Chappelle richtete ein Trustfund für ihre Tochter ein. Dann sagte er nur noch "Nicht die Community waren Daphnes People, sondern wir, die Comedians waren ihre People, so LGBTQ would you please stop punching down on my people?"

 

Die Cancel Culture ist nichts anderes als Diskriminierung in Form einer Einbahnstraße. Man ist entweder für sie oder gegen sie – ein Enthalten ist schwer möglich. Es geht ihnen nur um ihre eigene Sache. Wo war deren Aufschrei als Chappelle sich über Afroamerikaner, über Trump, OJ Simpson und dessen von ihm ermordete Frau lustig machte? Wo war deren Entrüstung, als es um Asiaten, Texaner, Rednecks oder Mexikaner ging? Es ging bei der Kritik an Chappelle nie darum wie er sich über die Transgender People geäußert hat, sondern, dass er es überhaupt gewagt hat. Der Welpenschutz in dem sich diese Community befindet ist mittlerweile so manifestiert, dass es nicht darum geht, ob der Witz daneben oder geschmackvoll ist. Es ist die bloße Dreistigkeit darüber Witze zu machen an der man sich fast schon militant stört. Aber Comedians sind dafür da uns den Spiegel vorzuhalten. Sie sind die erwachsenen Kinder die das aussprechen, was der Erwachsene sich so nicht sagen traut, weil er durch seine Kinderstube dazu erzogen ist, niemandem weh zu tun. Somit wird diese Debatte aus einer heuchlerischen Perspektive geführt.

 

Die Community forderte die Absetzung und Löschung des Netflix-Specials. Die Autorin von "Dear white People", Jaclyn Moore (selbst Transgender), ging sogar noch einen Schritt weiter und kündigte ihre Zusammenarbeit mit Netflix auf und würde nur zurückkehren, wenn Chappelle gecancelt würde. Dass sie als Weisse, eine Show über die Black-Community produziert, was eigentlich in afroamerikanische Hände gehören würde, übersieht sie dabei gerne. Sie betreibt eigentlich das was die Woke-Bewegung als Kulturelle Aneignung bezeichnet. Das ist für sie aber ok, weil es in diesem Fall nichts mit dem Thema Gender zu tun hat. Netflix hingegen aber verteidigt Chappelle und seine Specials als nicht transphob. Das liegt auch daran, dass Netflix das komplette Special mit seinem gesamten Spannungsbogen kennt. Denn, man kann bei Chappelles Specials nicht einzelne Witze aus dem Kontext reissen. Das Programm hat eine Erzählung die am Ende aufgelöst wird und alle vorigen Aussagen in einen gewissen Kontext stellt und erst dann den eigentlichen Standpunkt verdeutlicht. Wenn man auf Seiten der Kritiker so punktuell aus dem Kontext reisst, obwohl man um den Zusammenhang zum Schlusskapitel weiss, dann kommt die Argumentation eigentlich einer Lüge gleich. Das ist die Vorgehensweise eines Demagogen. Das ist Propaganda ein Reinform. Was ich daran wiederum bemerkenswert finde ist, dass in dem Moment wo sich die LGBTQ-Community so verhält, sie eigentlich seinen Standpunkt bestätigt, wenn er sagt, dass man beim Gay-Movement schon viel weiter und radikaler ist, als Black Lives Matter.

Mittlerweile finden sich tatsächlich auf Youtube auch Videos von Transgender-People die sich auch extrem deutlich gegen die LGBTQ-Community positionieren, weil sie selbst mit ihnen aneinandergeraten sind. Da fielen teilweise Begriffe wie faschistoid um diesen Woke-Mob angemessen zu beschreiben.

 

Wer als gleichwertig angesehen werden will, der muss sich auch so verhalten. Diese Person muss über sich selbst lachen können, wenn sie auch über Andere lachen möchte. Wer dabei übersieht wie bigott er sich verhält der ist keinen Deut besser, als der Jenige der andere diskriminiert. Wer anderen beibringen möchte wie Diskriminierung aussieht, der sollte Diskriminierung in allen Facetten erkennen können, selbst wenn sie von einem selbst ausgeht – vielleicht sogar ganz besonder dann!

 

Ich empfehle jedem der Netflix hat, sich diese Specials anzusehen. Es ist absolut sehenswert.

 

Bravo Dave Chappelle, you are the GOAT.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0