Umweltschutz fast schon faschistoid. Prost Mahlzeit!

Eigentlich sollte man meinen, dass eine so "woke" Bewegung wie Fridays for Future weltoffen und freidenkend sein sollte. Jüngste Ereignisse zeigen aber doch, dass deren Form von Umweltschutz eine relativ geschlossene Veranstaltung ist. Es darf einfach nicht jeder mitmachen. Die Grüne Gleichschaltung ist in vollem Gange. Wer mitmachen möchte sollte stets Bio einkaufen, sollte Plastik vermeiden, demonstrativ mit seinem Lastenrad die Gegend unsicher machen, und vor dem eigenen Energiesparhaus mit dem eAuto protzen. Man sollte nun denken, dass in dieser Bürgerschicht modern und vor allem plural gedacht würde. Aber es zählt hier offenbar nur das eigene Verständnis von Pluralität und mit der individuellen Freiheit ist es mal wieder nicht weit her.

 

Jeder der mich kennt, der weiss dass ich nie ein Freund der ´68er und der Grünen war. Dieses Öko angehauchte Milleu war mir stets zuwider. Dieses krampfhafte Anders-sein-wollen hatte für mich nie auch nur den Hauch von Individualität, sondern etwas verkrampft Anti-Spießer-haftes. Da mussten die Klamotten selbstgestrickt sein wo andere Hemd und Krawatte trugen; man fuhr plakativ mit dem alten rostigen Klapprad um nicht zum autofahrenden Bonzentum zu gehören; und anstatt sich einen gut geordneten Seitenscheitel zu kämmen hat man sich im letzten Jamaika-Selbstfindungsurlaub schön verfilzte Dreadlocks mitgebracht, und sich selbst dabei total knorke gefunden. Das fand ich zwar alles megascheisse, aber wenigstens haben sie in ihrer eigenen Marihuana-Glocke gelebt und den Rest der Welt in Ruhe gelassen.

Die Riege der Weltverbesserer die heute jedoch am Drücker ist, hat diese Entspanntheit nicht mehr. Sie sind selbst zum Inbegriff der Spießigkeit geworden und führen ein straff organisiertes Ideologie-Regime das fast schon sektenhafte Regeln aufstellt. Die daraus hervorgegangene Cancel Culture treibt es dieser Tage erneut auf die Spitze, dass man sich fragt, wann diese Blender endlich eingebremst werden. Dieser Tage wurde der Cellistin Ronja Maltzahn der Auftritt bei einer FFF-Demo verwehrt weil sie Dreadlocks trägt. Man wirft ihr plötzlich Kulturelle Aneignung vor. Sie würde diese Frisur nur aus modischen Gründen tragen, und würde den "Struggle" dieser Ethnie nicht respektieren. Diese Argumentation ist nicht nur kurzsichtig, sondern einfach nur lächerlich.

 

Man muss nur einmal genau hinsehen woher diese Argumentation kommt. Sie kommt nämlich weder aus den Ghettos von Soweto oder New York, sondern aus unseren deutschen Wohlstandsblasen. Der Vorwurf die "bösen Weissen" würden sich hier etwas aneignen, was ihnen nicht zustünde, ist jedoch hochgradig absurd. Diese Argmentation träfe dann nämlich auch auf die Hip Hop Kids hierzulande zu, die ihren Stars nacheifern und sich genauso anziehen wie ihre afroamerikanischen Helden. Wu-Wear, Karl Kani, Cross Colors, Rocawear oder Fubu sind die bekanntesten Marken dieser Kultur, die von den Afroamerikanern der 70er und 80er Jahre in den New Yorker Brennpunktvierteln Bronx und Harlem erfunden wurde. Einer Kultur die auch auf der Unterdrückung der Schwarzen Bürger der Vereinigten Staaten basiert. Auch dieser "Struggle" ist geschichtlich in unzähliger Literatur belegt und unbestritten. Jetzt könnte man als verwöhnter grüner Deutscher natürlich auch sagen, jeder weisse Durchschnittsdeutsche der mit einem Outfit von Fubu durch die Gegend "struttet" würde sich auf unlautere Weise das Image eines schwarzen Gangster-Rappers aneigenen und damit die Kultur und den Struggle untergraben. Fakt ist aber, dass z. B. die Marke Fubu, was ausgeschrieben For us, by Us (Von uns, für uns) heisst, eine Marke ist die von Afroamerikanern gegründet wurde und bis heute auch geführt ist. Und sie selbst ist es, die bereitwillig dieses Stück Kultur auch an Wohlstandsdeutsche verkauft und damit einen gigantischen Umsatz generiert. Gleiches gilt für die Marken RocaWear oder Karl Kani. Diesen Afroamerikanern wurde ihre Kultur nicht von den Weissen weggenommen. Nein. Diese afroamerikanischen Geschäftsleute haben sich in den deutschen Einkaufspassagen und Einkaufszentren freiwillig neue Märkte erschlossen, und verdienen Milliarden damit, dass kalkweiss-Christian gerne aussehen möchte als wäre er selbst ein verschollenes Mitglied des Wu-Tang-Clan. Daran, dass klein Thorsten Unsummen dafür ausgibt so auszusehen wie seine Stars aus Brooklyn oder South Central LA, verdienen diese Konzerne perverse Summen. Warum also liegt der Vorwurf hier beim kleinen Thomas, der diese Produkte in seiner unkreativen Naivität lediglich kauft, und nicht stattdessen bei dem Konzern der seine eigene Kultur für knallharte Devisen ausverkauft?

 

Jetzt kann man argumentieren, dass Haare was ganz anderes sind. Ok. Dann frage ich einfach das: Wenn Dreadlocks, Cornrows oder Braids typische afroamerikanische Symbole des "Struggle" sind, wie kommt es dann, dass Afrikaner an den Stränden der Türkei oder in Italien es selbst sind, die den weissen Kindern gegen Geld diese Frisuren machen wollen? Ich kann mich nicht erinnern, dass ich jemals zu einem Afrikaner im Urlaub aktiv hin gegangen bin und ihn angebettelt habe, dass er doch bitte meiner Tochter Cornrows drehen soll. Ich erinnere mich aber sehr wohl, dass innerhalb von drei Stunden am selben Strandabschnitt, unzählige afrikanische Frauen vorbei kamen die uns penetrant damit genervt haben, weil sie uns genau das verkaufen wollten. Ist das dann Kulturelle Aneignung und eher Kulturelles Aufdrängen?

 

Wer dieser Argumentation der "woken" Bewegung anhängt den frage ich auch, wo fängt Kulturelle Aneignung denn an und wo hört sie auf? Wenn ich nach Kenia in den Urlaub fahre und mir eine Stammesmaske mitbringen würde, was auch Teil deren Kultur ist, und ich das bei mir im Wohnzimmer aufhängen würde, wäre das dann auch Kulturelle Aneignung? Immerhin hätte ich als verwöhnter Deutscher keine Ahnung was man in Kenia so alles durchleben muss. Dennoch hätte es mir der afrikanische Händler freiwillig verkauft. Ich hätte die Maske schließlich nicht direkt bei einem Eingeborenen-Stamm geklaut, sie wurde mir freiwillig verkauft.

 

Wer kann also sagen ob die Dreadlocks von Ronja Maltzahn Kulturelle Aneignung sind. Es könnte genauso sein, dass sie regelmäßig auf Jamaika ist, dort enge Freunde hat, die ihr diese Dreadlocks gerne gemacht haben um ihr zu zeigen, dass sie Ronja Maltzahn als eine der ihren akzeptieren. Sie könnte auch in Deutschland eine beste Freundin haben die aus Jamaika kommt. Ist das dann nicht eher eine Hommage oder eine Prädikat, dass sie die Dreadlocks trägt. Wie könnte es dann sein, dass ihre jamaikanischen Freunde darauf stolz wären, dass sie deren Frisur in die Welt trägt, und sich aber Deutsche dann darüber echauffieren, was sie deren Kultur "antun" würde. Es ist also wiedereinmal einfach so, dass die Deutschen es ums Verrecken nicht lassen können, sich zum Richter über Gut und Böse aufzuspielen. Was richtig und falsch ist, das entscheiden wir Deutschen! Wir und sonst keiner. Aber das entscheiden auch nicht irgendwelche Deutschen. Dafür sind unsere selbsternannten Eliten in ihren Zentralen in Berlin und Hamburg zuständig.

 

Aber leider sind sie auf dem Holzweg. Genau so wie sie es die ganzen letzten Jahre bei unzähligen Themen unserer Gesellschaft waren. Deswegen ist der eigentliche Skandal, dass Ronja Maltzahn wegen ihrer Frisur ausgeladen wurde, ohne dass sich jemand auch nur eine Sekunde um ihre Story gekümmert hat. Es ist im Gegenteil eher so, dass wir Deutschen aus Sicht so mancher People of Color eine "eklige Deutsche Wohlstandsgesellschaft" sind und es mittlerweile modern ist, persönliche Geschichten Deutscher zu ignorieren, wenn sie nicht entweder Migrationshintergrund oder einen LGBTQ-Bezug haben.

 

Ich hoffe Ronja Maltzahn bleibt sich selbst treu und lässt sich von diesen Faschisten nicht verbiegen und lebt auch weiterhin nach ihrer eigenen Philosophie. An ihr gefallen mir sogar die Dreadlocks...

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