Der Wahnsinn. Einfach geil.

Ich war diese Woche, im Zuge der Akquise für meine Agentur, auf der Intersolar – einer Messe für Solartechnik in München. Wir haben noch überlegt ob wir hingehen sollten, denn in den letzten beiden Jahren waren, die wenigen Messen die nicht abgesagt wurden, meist gähnend leer. Die Ansage im Internet auf der Website der Intersolar war, es wird empfohlen eine FFP2 Maske zu tragen und 1m Mindestabstand sollte eingehalten werden. Ich hatte schon die Befürchtung ich müsste seit Langem wieder mal stundenlang dieses verdammte Ding tragen. Aber die Menscheit ist doch einfacher gestrickt als man denkt.

 

Im Parkhaus angekommen habe ich mir die frische FFP2 Maske an den Arm gesteckt und für den Eintritt schon mal bereitgestellt. Auf dem Weg zum Eingang sah ich etliche Menschen die es mir gleich taten. Am Einlass angekommen konnten wir über die Einlasskontrolle hinweg sehen, dass im Foyer keiner Maske trug. Also beschloss ich mit dem Aufsetzen zu warten, bis wir in der ersten Messehalle angekommen sind. Spätestens da würden bestimmt alle Maske tragen. Von wegen! In der ersten Halle angekommen war ein reges Treiben und es gab Gesichter so weit das Auge reichte. Mann o Mann, die Halle war proppenvoll. Abstandsregeln? Maske? LOL, keine Spur davon. Als hätte keiner dieser tausend lächelnden Menschen je etwas von Corona gehört. Es lagen sich Händler mit lange nicht mehr gesehenen Vertrieblern in den Armen und es wurde wirklich die Freude über das Wiedersehen zum Ausdruck gebracht. Keiner praktizierte den lächerlichen Faustgruß. Händler begrüßten ihre Kunden mit festem Handschlag, man stand zusammen, trank, aß und führte wichtige Geschäftsbesprechungen.

 

Ich sah mich verwundert um. Ich kam mir vor wie in einem Film in dem mein Gesicht mit einer Großaufnahme gezeigt wird, der Umgebungston langsam leiser, und hoffnungsvolle Filmmusik immer lauter wird. Ich kam aus dem Staunen so lange nicht heraus bis mich mein Freund und Kollege am Arm rüttelte und aus meiner Traumszene heraus holte. Der Umgebungston war wieder da und die Filmmusik in meinem Kopf war auch wieder weg. Die Arbeit ruft. So gingen wir unsere Stände ab und führten ein Gespräch nach dem anderen. Wir schüttelten Hände und tauschten Karten und nahmen unsere Werbegeschenke mit. Hin und wieder stand ein Relikt aus Coronatagen im Weg; was war das noch gleich? Achja, ein Desinfektionsspender. Na gut, weil ich so viele Hände schüttle kann ich auch mal zwischendurch desinfizieren. So verbrachten wir den ganzen Tag bis Messeschluss.

 

Der Abschuss kam dann nach Messeschluss. Einer unserer Kunden lud uns zur After-Party ein die offiziell Business-Meeting heissen musste. Aber, verarschen kann ich mich selber: da hätte nur noch Jürgen Drews auf der Bühne gefehlt dann wäre das feinster Ballermann gewesen. Auf diesem Stand tummelten sich hunderte Menschen und genossen das Burger-Catering, standen an Tischen zusammen und lauschten dem ohrenbetäubenden Sound des DJ der die Halle bis in alle Ecken mit Eddie Grants "Gimme Hope Joanna" zudröhnte. Die Menge tanzte ausgelassen. Als wir dort ankamen hatte ich einen Disco-Flashback. Nicht nur wegen der lauten Musik, nein, sondern wegen den unfassbaren Menschenmassen ohne jeglichen Abstand. Wie vor zwanzig Jahren in den Clubs musste man sich langsam durch die Menschen zwängen und Leute auf die seite schieben um überhaupt durchzukommen. Die Leute waren auch wieder genauso rücksichtslos wie damals, dass sie sich einfach nicht bewegt hatten. Es war ihnen scheissegal, dass man schob und schubste um irgendwie vorwärts zu kommen. Aber es war krass: dieser Zustand, den ich vor zwanzig Jahren total gehasst hatte, bereitete mir an diesem Tag tierische Freude. Zwar nicht so sehr, dass die Gipsy Kings mich genauso zum Rumprollen animiert hätten wie die anderen 500 Personen die alle mindestens 3 Promille intus hatten, aber es fühlte sich an wie der lange ersehnte Befreiungsschlag; und endlich war er da. Leider mussten wir wieder zurückfahren und konnten das ganze Spektakel nur noch eine Stunde geniessen. Das wäre Karl Lauterbachs absoluter Albtraum gewesen. Vielleicht genoss ich es gerade DESWEGEN so sehr. Ich hätte gerne sein Gesicht gesehen.

 

 

Da dieses Spektakel sich über 12 Messehallen zog, und ich schätzen würde, dass die Besucher an diesem Tag in die Zig-Tausende gingen, bin ich mal gespannt ob dies zu einem "Hotspot" führen wird der dann in den Medien als absolutes Desaster kolportiert wird. Ich glaube eher, dass das nicht passiert.

Allerdings kam bei mir die Frage auf warum ich im Supermarkt immernoch 75% der Menschen mit Maske sehe, und auf der Intersolar plötzlich absolut KEINER Maske trägt? Kann es sein, dass dies eine Ansammlung genau jener Personen war, die sonst im Supermarkt keine Maske tragen? Unwahrscheinlich. Warum also tragen sie im Supermarkt Maske und auf der Messe gibt es plötzlich keine Regeln mehr? Ich denke die Antwort ist einfacher als man glaubt: Die Menschen wollen keine Maske und keine Regeln mehr. Sie haben auch keine Angst mehr vor dem Virus, denn sie sind übersättigt. Wovor sie aber Angst haben ist soziale Ächtung. Im Supermarkt zu Hause ist man "bekannt". Dort sieht einen der Nachbar, der Arbeitskollege, Eltern der besten Freunde der Kinder. Die Gefahr, dass sich dort über einen das Maul zerrissen wird ist sehr groß und das will keiner. Also trägt man in seinem Zuhause brav weiter die Maske, und dort, fernab von Zuhause wo einen keiner kennt, lässt man bei Schlagergedröhn auf der Messe richtig die Sau raus. Keiner kennt mich, keiner verurteilt mich und alle machen mit also ist keiner besser als ich. So einfach ist das. Diese Art von sozialem Druck beeindruckt mich persönlich nicht, weswegen ich die Pandemie, für mich persönlich, hinter mir lassen werde. Ich teste schon lange nicht mehr und ich lasse mir von niemandem mehr irgendwelchen Unsinn einreden. Weder von deinen Einen noch von den Anderen. Ich halte mich nur noch exakt an das was gesetzlich vorgegeben ist. Freiwilligkeit verweigere ich bei diesem Thema jetzt komplett.

 

Auch wenn wir in den Medien mit einer Krise nach der anderen zugetextet werden, muss ich doch sagen, das Leben ist schön! Vielleicht muss ich einfach mehr auf Messen gehen!

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